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Wim Schneider ist zurück: „Hinter Liebfrauen“

Mario Bekeschus lässt den Kommissar in seinem zweiten Niedersachsen-Krimi heimlich ermitteln

Menschliche Abgründe und zwischenmenschliche Beziehungen liegen dicht beieinander – jedenfalls in „Hinter Liebfrauen“, dem zweiten Krimi von Mario Bekeschus.

Es gibt diese Figuren in Krimis, die einem sofort Bilder im Kopf erzeugen und in Erinnerung bleiben. Wim Schneider, der eigenbrötlerische Ermittler kurz vor der Rente, den Autor Mario Bekeschus entwickelt hat, ist genau so eine Figur. Nachdem mit Wim und Co. schon in Marios Debüt „Gaußberg“ sehr gut gefallen hat, war ich jetzt gespannt auf den zweiten Band „Hinter Liebfrauen“.

Im Gegensatz zum ersten Teil ermittelt Wim Schneider dieses Mal nicht offiziell. Er erholt sich bei seiner Reha im Harz von einer Tumor-OP – und langweilt sich schrecklich. Noch schrecklicher findet er die Yoga- und Klangschalen-Sessions bei dieser Shakuntala. Alles Firlefanz, jedenfalls für Wim Schneider. Während sich seine Schwester Sigrid und seine Kollegin Biggi für ein Wochenende zu Besuch ankündigen, bekommt Wims Spürsinn plötzlich viel zu tun.

Schnitt. Ortswechsel. Braunschweig. Kommisarin Rosalie Helmer und Polizeikommissaranwärter Mads Johannsen ermitteln in einem Selbstmord. Von einem Hochhaus in Braunschweig hat sich ein Mann in den Tod gestürzt. Als sich herausstellt, dass der Tote nicht nur große Mengen Bargeld in seiner Wohnung hatte, sondern auch noch seltsame Bisswunden an seinem Körper gefunden werden, vertiefen Rosalie und Mads ihre Ermittlungen.

Schnitt. Ortswechsel. Rehaklinik im Harz. Großer Schock, denn Yogalehrerin Shakuntala hatte einen tödlichen Autounfall. Wie konnte das passieren? War sie unaufmerksam? War ihr Auto defekt? Oder hat am Ende vielleicht jemand nachgeholfen? Wim Schneider will mehr erfahren und bittet seine Kollegin Biggi, Kommissarin Rosalie Helmer anzurufen…

Schnell wird klar: Der Selbstmord in Braunschweig und die tote Yogalehrerin führen zu denselben Spuren – auch Rosalies Ermittlerehrgeiz ist jetzt geweckt und gemeinsam mit Mads und Wim im Hintergrund taucht sie immer tiefer in die Hintergründe beider Fälle ein.

Und die haben es sich in sich, denn „Hinter Liebfrauen“ lässt uns als Leser ganz schön tief in menschliche Abgründe blicken. Teils bedrückend und erschütternd, teils aber auch humorvoll erzählt Mario Bekeschus die Handlung seines Krimis. Zwangsprostitution kommt ebenso zur Sprache wie Betrug. Auch im Privatleben der Ermittler:innen herrscht nicht immer Friede-Freude-Eierkuchen-Stimmung. Wim hadert mit seiner Gesundheit und der beruflichen Zukunft, Rosalie und ihre Freundin Anne haben Stress und Biggi kämpft mit den Wechseljahren und ihren Gefühlen.

„Hinter Liebfrauen“ hat meine Leseerwartung absolut bestätigt. Auch der zweite Niedersachsenkrimi von Mario bietet echten Lesespaß – jedenfalls bin ich als Regionalkrimi-Fan voll auf meine Kosten gekommen. Was ich besonders mag, ist, dass Mario bei seinen Figuren sehr vielfältig unterwegs ist. Diversität wird in seinen Krimis einfach gelebt, ohne erhobenen Zeigefinger oder gewollt konstruiert. Die einsame Single-Lady im höheren Alter taucht ebenso selbstverständlich auf wie eine lesbische Kommissarin, Menschen mit Migrationshintergrund und der junge Mads, der scih plötzlich unsicher ist, wen und wie er liebt. Lieb ich.

Band drei kann also gerne kommen, lieber Mario. Und dann bin ich gespannt, ob es mit Wim Schneider in seiner alten Position weitergehen wird…

Mario Bekeschus: „Hinter Liebfrauen“, Gmeiner Verlag, 362 Seiten, ISBN 978-3-8392-0358-3, 16 Euro (Taschenbuch), 11,99 Euro (eBook)

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