Eine kleine Warnung vorweg: Jan Weilers Krimi-Debut „Kühn hat zu tun“ kann einen beim Lesen ab und an ziemlich überfordern… Mitunter kommt es vor, dass die Gedanken im eigenen Kopf ebenso wild Karussell fahren wie die Gedanken und Erinnerungen im Kopf der Titelfigur! Gedanken-Fetzen-Monologe, Gift im Keller, ein verschwundenes Mädchen, Geldsorgen einer ganz normalen Familie, verstörende Erinnerungen und obendrein mit dem Messer malträtierte Leichen – schwere Kost, die Weiler seiner Leserschaft hier auftischt.
Kommissar Martin Kühn hat in der Tat zu tun: In der Neubausiedlung Weberhöhe in München verschwindet ein kleines Mädchen, am selben Abend wird eine männliche Leiche fast direkt hinter Kühns Garten abgelegt, und dann ist da noch die Gedankenflut in seinem Kopf, Tochter Alina, die trotz Dauer-Ebbe in der Familienkasse ein Pferd haben will, der pubertierende Sohn Niko, der scheinbar empfänglich für rechtes Gedankengut ist, die nicht eintretende Beförderung und, und, und…
Ist der Stil anfangs recht gewöhnungsbedürftig, schafft Weiler es im Laufe der Handlung, den Leser zu fesseln und an den Grübeleien des Kommissars Anteil zu nehmen und zu dem Schluss zu kommen, dass dessen innere Monologe auch gut auf einen selbst übertragen werden könnten! Nach kurzer Zeit empfindet man große Sympathien für den 44-jährigen Ermittler, der im Gegensatz zu vielen seiner „Kollegen“ in der Literatur kein Superheld ist, sondern ein Familienvater mit ganz alltäglichen Sorgen. Emphatisch, mit einem Blick auf gesellschaftliche Entwicklungen und als Meister des Spannungsaufbaus präsentiert sich Jan Weiler als Krimiautor. Ein Literaturtipp, der sich wirklich gelohnt hat und Lust auf mehr aus Kühns Leben macht!
Jan Weiler: „Kühn hat zu tun“, Rowohlt, ISBN: 978-3-463-40643-5 (Print), 978-3-644-31401-6 (E-Book), 19,95 Euro/16,99 Euro (E-Book)