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Beklemmend: „Jakobs Weg“ von Jörg H. Trauboth

Verstörender Kindesmissbrauch und eine ganz besondere Pilgerreise

„Jakobs Weg“ von Jörg H. Trauboth stellt das Thema Kindesmissbrauch in den Mittelpunkt und webt aus dem bedrückend-aktuellen Thema einen extrem spannenden Krimi, den man kaum aus der Hand legen kann. Ausnahmsweise beginne ich meine Rezension mit einer Warnung: Das Buch enthält Schilderungen von Missbrauchspraktiken an Kindern, die einem den Magen umdrehen und wirklich schlimme Bilder im Kopf erzeugen. Trotz all dieser drastischen Schilderungen mochte ich den Krimi nicht eine Sekunde lang aus der Hand legen, denn die Handlung packt einen direkt vom Fleck weg. Wer Krimis, in denen Kinder zu Opfern werden, nicht gut ertragen kann, sollte besser die Finger vom Buch lassen, es nimmt einen schon echt mit…

„Jakobs Weg“ beginnt in der Vergangenheit: Im katholischen Internat „Maria Hilf“ trifft sich regemäßig eine Gruppe um den Internatsleiter Pater Dr. Johannes Hartmann, um Jungen zu missbrauchen und zu vergewaltigen. In der Kapelle des Internats vergehen sich die Männer der Gruppe „Rose“ in dunklen Kutten an den Kindern. Zwar ermittelt die Kripo in diesen Fällen, nachdem einer der Schüler Selbstmord begangen hat, die Täter können jedoch nie ermittelt werden.

Nicht alle Pilger kommen lebend am Ziel an…

20 Jahre später bekommen acht der Täter anonyme Post mit einem sehr mysteriösen Auftrag. Im Umschlag befindet sich ein Video, das den Missbrauch in der Kapelle zeigt. Dazu die Aufforderung, am 13. Mai nach St.-Jean-Pied-de-Port zum Eingang des Jakobswegs zu kommen und auf dem Jakobsweg bis nach Burgos zu pilgern. Alle Täter, die den Weg bis zu diesem Ziel mitgehen, kommen davon und das Video wird vernichtet. Wer nicht kommt oder vorher aufgibt, wird öffentlich sanktioniert.

Nicht nur die acht Täter erhalten diese ominöse Einladung, auch Investigativjournalistin Hanna Dohn und Joe „Hunter“ Jäger, Kriminaljauptkommissar des BKA in Wiesbaden. Die beiden sollen undercover mitgehen. Dafür bekommen sie die Chance, eine exklusive Reportage zu schreiben – Hanna – und die Täter zu überführen – Joe. Wer der Absender der Einladung ist, bleibt unklar. Hanna wird von  Joe zur verdeckten Mitarbeiterin des BKA gemacht. Sie und der Ermittler legen sich eine Fake-Identität zu und beschließen, sich der Gruppe anzuschließen und den Männern vorzugaukeln, dass auch sie zum Täterkreis gehörten…

Vor Ort in Frankreich treffen sie nicht nur auf die acht übrigen Pilger, sondern auch auf ihren Reiseleiter, Pater Ambrosius. Seine Anweisungen erhält dieser von einem gewissen „Servatius“.  Dessen Identität allerdings geheim bleibt.

Die widerlichen Peiniger der Gruppe „Rose“ machen sich auf den Weg, Hanna und Hunter mittendrin. Schon bald beginnt jeder, in den anderen „Servatius“ zu suchen und die Verbindungen zwischen den einzelnen Teilnehmenden zu suchen. „Jakobs Weg“ wird bald eine Pilgerreise auf Leben und Tod, denn nicht alle kommen lebend am Zielort Burgos an…

Respekt für die Wahl des Themas

„Respekt“: Dieser Gedanke ging mir beim Lesen häufiger durch den Kopf. Respekt vor der Recherchearbeit, die Autor Jörg H. Trauboth für sein Buch geleistet hat. Und Respekt für die Entscheidung, die erschütternte Thematik des Kindesmissbrauchs so gekonnt mit einer sehr spannenden Handlung zu verknüpfen. Der Autor selbst hat in seinem Berufsleben mit Missbrauchsopfern zu tun und bringt sein Insiderwissen, was die Arbeit in den zuständigen Behörden angeht, perfekt in die Handlung ein. Er lässt den Leser nicht nur hinter die Fassade der Täter blicken, sondern schildert auch die Arbeit der Ermittler, die sich beim BKA mit diesen abscheulichen Verbrechen befassen und in die widerliche Welt der Täter eintauchen (müssen).

„Jakobs Weg“ ist ein überaus packender Krimi: Toll recherchiert, sympathische Ermittler und eine mehr als fesselnde Handlung. Jörg H. Trauboth spannt den Spannungsbogen immer wieder bis zum Äußersten, um dann im nächsten Bogen noch eins draufzusetzen. Auch, wenn das Thema wirklich mehr als belastend ist, kann ich eine absolute Leseempfehlung für „Jakobs Weg“ aussprechen. Truboth wühlt auf, schockiert und rührt einen gleichzeitig an etlichen Stellen zu Tränen. Dabei wird der Missbrauch an den Jungen im Internat nie reißerisch oder sensationsgeil dargestellt, sondern sehr tiefgründig und klar. Mich hat das Buch von der ersten Seite gepackt – gerne mehr davon!

Jörg H. Trauboth: „Jakobs Weg“, 390 Seiten, ratio books, ISBN: 978-3-96136-095-6, 16,90 Euro (Taschenbuch), 9,49 Euro (eBook)

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